Mein Leben mit angeborenem Glaukom: Schmerz als Alltag
Schon im Mutterleib stand fest, dass mein Leben nicht leicht wird. Die Ärzte sagten meiner Mutter: „Das Kind wird blind oder geistig behindert.“ Ich hatte Glück – ich wurde „nur“ blind. Doch das Glaukom brachte eine andere, unsichtbare Last: Schmerzen, wie sie viele sich kaum vorstellen können. Sie fühlen sich an wie eine Migräne, die nie endet – 24 Stunden am Tag, mal stärker, mal schwächer, aber niemals ganz weg.
Besonders schlimm waren die Glaukomanfälle, die ich als Kind täglich erlebte. Sie sind mit Nierenkoliken vergleichbar: stechend, bohrend, immer wiederkehrend. Es gab Tage, an denen ich stündlich mehrere dieser Attacken hatte. Während andere Kinder draußen spielten, lag ich auf der Couch, gekrümmt vor Schmerz. Oft wurde ich von Mitschülern als „faul“ bezeichnet, weil sie meine unsichtbare Behinderung nicht verstanden.
Therapieversuche und Rückschläge: Salben, Tropfen, Operationen
Meine Kindheit war geprägt von Arztbesuchen. Jeden Monat gab es neue Medikamente: Salben, Tropfen, Tabletten. Meistens verschlimmerten sie die Schmerzen sogar. Nur eine einzige Salbe half – doch die bekam ich nie wieder. Mit acht Jahren, zur Einschulung, verlor ich die letzten Farbreste meines Sehens. Ich liebte Farben, experimentierte damit, erkannte noch Kontraste, aber dann war alles vorbei. Seit 40 Jahren ist meine Welt anthrazit.
Die Ärzte rieten immer wieder, die Augen entfernen zu lassen, um die Schmerzen zu lindern. Doch ich wusste: Der Nerv ist zerstört, die Schmerzen bleiben. Ein Glasauge, ständige Entzündungen, weitere Operationen – das wollte ich nie. Ich habe meine Augen behalten, auch wenn es bedeutete, weiter mit den Schmerzen zu leben.
Die seelische Belastung: Isolation und Fröhlichkeit als Schutzschild
Die ständigen Schmerzen führten dazu, dass ich oft am Rand stand – körperlich und sozial. Ich habe versucht, meine Fröhlichkeit zu bewahren, um die Qualen zu überspielen. Doch Ausgrenzung, Hänseleien und Unverständnis waren Alltag. Viele Menschen unterschätzen, wie sehr chronische Schmerzen auch die Seele belasten. Ich kenne viele, die an Depressionen leiden, weil sie mit der Dunkelheit und den Schmerzen nicht zurechtkommen.
Die Wende: Cannabis als Hoffnungsträger
Nach Jahrzehnten voller Rückschläge, Operationen und Medikamenten mit starken Nebenwirkungen kam ich durch einen Tipp auf medizinisches Cannabis. Ich wollte keine starken Schmerzmittel mehr, die mich „benebeln“ oder meine geistige Leistungsfähigkeit einschränken – schließlich habe ich als Finanzbuchhalterin gearbeitet und musste klar denken können.
Mit Cannabis, speziell als Öl zur Nacht, habe ich zum ersten Mal eine echte Linderung gespürt. Die Schmerzen wurden nicht komplett ausgeschaltet, aber sie wurden erträglich. Die Muskelverspannungen ließen nach, ich konnte wieder entspannen und besser schlafen. Besonders wichtig: Ich fühlte mich nicht „high“ oder benebelt, sondern klar und leistungsfähig.
Herausforderungen und gesellschaftliche Vorurteile
Obwohl ich selbst keine Vorurteile gegenüber Cannabis hatte, spüre ich im Umfeld oft Skepsis. Viele denken bei Cannabis an Drogenmissbrauch, nicht an Medizin. Es braucht viel Aufklärung, damit Menschen verstehen, wie sehr Cannabis Patienten wie mir helfen kann – gerade im Alter oder bei chronischen Erkrankungen.
Ein großes Problem bleibt der Zugang: Die richtige Sorte und Dosierung zu finden, ist ein langer Weg. Viele Ärzte sind wenig offen oder haben zu wenig Erfahrung. Hinzu kommen die Kosten – Cannabisöl wird selten übernommen, viele Patientinnen und Patienten müssen alles selbst zahlen.
Ein besonderer Moment: Licht und Farben nach Jahrzehnten
Ein Höhepunkt meines Lebens war der Moment, als ich nach langer Zeit mit Cannabistherapie zum ersten Mal wieder Licht und Farben wahrnahm. Es war ein überwältigendes Gefühl, nach so vielen Jahren Dunkelheit noch einmal die Welt in bunten Tönen zu erleben. Auch wenn es nur kurz war – dieser Moment hat mir gezeigt, wie viel Lebensqualität zurückkommen kann, wenn Schmerzen gelindert werden.
Verantwortungsvoller Umgang und Appell an andere Betroffene
Ich wünsche mir, dass mehr Menschen den Mut haben, neue Wege zu gehen und Cannabis als Therapieoption zu prüfen. Wichtig ist immer die ärztliche Begleitung, um Risiken zu vermeiden und die optimale Wirkung zu erzielen. Cannabis ist kein Allheilmittel, aber für viele – wie mich – ein echter Rettungsanker.